Allgemeine Bemerkungen zu Heißluft- bzw.
Stirlingmotoren
In der Presse taucht immer wieder euphorisch die Meldung auf => der
Stirlingmotor hat eine große Zukunft.
Ich habe mich schon einige Zeit mit Heißluftmotoren beschäftigt,
zwar nicht mit Leistungsstirlingmotoren, sondern mit Modellmotoren.
Grundsätzlich sind die Erfahrungen auch auf den Leistungsbereich
übertragbar.
Bevor die ersten bemannten Flugzeuge in die Luft gingen, gab es auch
erstmal Versuche mit Modellflugzeugen.
Meine Versuche bezüglich Heißluftmotoren beschränken
sich auf die grundsätzlichen Varianten dieser Motoren, dennoch wage
ich Rückschlüsse auf Leistungsstirlingmotoren zu ziehen.
Bei den Leistungsstirlingmotoren ist der technische Aufwand enorm,
um z.B. einen Wirkungsgrad von ca. 40% und Leistungen über 10
KW zu erhalten.
Das Problem aller Heißluftmaschinen ist die notwendige große
Temperaturdifferenz und die hohen Arbeitsdrücke des Gases, um einen
vernünftigen Wirkungsgrad und Leistung zu erzielen und das ist technisch
nicht einfach zu beherrschen. Die hohen Temperaturdifferenzen lassen sich
meiner Meinung nach momentan nur mit fossilen Brennstoffen erzielen und
da sind die Verbrennungsmaschinen und Gasturbinen den Heißluftmaschinen
noch überlegen. Wenn der Wirkungsgrad nicht die Rolle spielt, dann
ist mit der Sonnenenergie einiges zu machen.
Ich sehe die praktische Anwendung von Stirlingmotoren in der Zukunft
auch eher in der Ausnutzung der Sonnenenergie.
Bei Verwendung von fossilen Brennstoffen scheint mir ein auf
konstante Drehzahl optimierter Diesel- oder Gasmotor mit einem Wirkungsgrad
von 45 % günstiger und ausgereifter (auch was die Lebensdauer anbetrifft)
zu sein, als ein Stirlingmotor mit einen praktischen Wirkungsgrad von 40
% ( der theoretische Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses liegt bei
ca. 66-67%, der des Stirlingprozesses bei ca. 52 %). Die Wirkungsgrade
beziehen sich auf eine max. Temperatur von ca. 800-900 Grad Kelvin, bei
einer Umgebungstemperatur von ca. 300 Grad Kelvin.
Der reale Stirlingprozess hat wegen der abgeführten Wärme
einen kleineren Wirkungsgrad als der Carnot-Prozess.
Wenn ich meine Modell-Heißluftmotoren unter
dem Gesichtspunkt Leistung betrachte, dann müsste ich die Motoren
direkt auf den Müll befördern.
Da setze ich z.B. einen Brenner (Teelicht oder Spiritusbrenner), der
eine Leistung von ca. 10-100 W! hat ein, und heraus bekomme ich, selbst
wenn ich alles gut und optimiert gefertigt habe, vielleicht eine Leistung
mechanisch oder elektrisch von 1-10 W heraus. Grob überschlagen
kommt da nur 1/10 der eingesetzen Leistung raus. Das ist eine
Leistungsbilanz!
Zum Vergleich: ein bürstenloser Elektromotor (Brushlessmotor)
erreicht einen Wirkungsgrad von 80-90%.
Bei einem mit Sonnenenergie betriebenen Stirlingmotor spielt der Wirkungsgrad
nicht die entscheidende Rolle, da die Sonnenenergie praktisch unbegrenzt
bis zum Weltuntergang zur Verfügung steht. Vermutlich ist es der richtigere
Weg einen Low Temperature Difference Stirling (LTD-Stirling) mit größerer
Leistungausbeute zu konzipieren, nur ist mit der Sonneneinstrahlung in
unseren Breitengraden auch nicht gerade der Blumentopf mit dem Stirling-Prozess
zu gewinnen.
Ich gebe da den Solarzellen für die Zukunft mehr Chancen, da diese
auch bei bedecktem Himmel noch Strom liefern können.
Anmerkung zur Leistung von Modell-Heißluftmotoren:
Viele Modellbauer sind sich nicht bewusst, welch geringe Leistung die
(Modell)heißluftmotoren haben.
Wer es nicht glaubt, der möge doch mal seinen Stirling nach der
empirischen Formel von Prof. Ivo Kolin durchrechnen:
N = Wellenleistung in KW
V = kleinstes Arbeitsvolumen in dm³ oder Liter, wobei alle Toträume
abgezogen werden sollten.
V = Vzylinder- Vverdränger
deltaT= Temperaturdifferenz in Kelvin (deltaT = Tmax - Tmin)
Tmax = maximal Temperatur in Kelvin
Tmin = minimal Temperatur Kelvin
Diese empirische Formel ist zwar für die schnelle Berechnung von
Flachplatten-Stirlingmotoren gedacht, lässt sich aber auch ganz gut
für unsere Modellmotoren anwenden.
Die Abweichungen gegenüber der ausführlichen Berechnung nach
der Theorie von G.Schmidt sind verblüffend gering!
Auch eine schnelle Berechnung nach Beale ist möglich. Sie ist zwar
für aufgeladene Stirlingmotoren vorgesehen, ist aber auch für
unsere nicht aufgeladenen Motoren akzeptabel und hier geht die Drehzahl
mit ein:
N = Wellenleistung in W
0,015 Beale-Konstante (empirisch, dimensionslos)
f = Zahl der Arbeitsspiele je Sekunde
pm = Mitteldruck in bar
Vo = Volumen, welches vom Arbeitskolben durchfahren wird in cm³
Die Schwierigkeiten, die manche Modellbauer beim Nachbau von Heißluftmotoren
haben, ist auf die geringe Leistung dieser Motoren zurückzuführen.
Das fängt mit der Kolben/Zylinder-Kombination an, die nicht reibungsarm
und luftdicht genug ausgeführt wird (Schmierung ist auch nicht der
"wahre Jakob" und gilt auch nur für größere Motoren ) und
hört bei den Übertragungsteilen (Gestänge, Pleuel etc.)
auf. Ein kritischer Punkt ist auch die Führungsbuchse zum Verdrängerkolben,
sie muss reibungsarm und dennoch luftdicht sein und der Verdrängerkolben
sollte so leicht wie möglich sein, vor allem wenn er waagerecht geführt
wird.
Wer schon mal einen kleinen (1ccm) Modellmotor (Diesel oder Glühzünder)
in Betrieb hatte und vergleicht die Leistung dieser Motörchen mit
einem Heißluftmotor gleicher Baugröße (Hubraum und Hub)
der weiß, "wo der Hammer hängt".
Anmerkung zum Ölen:
Die Führungsbuchse für den Verdränger öle ich im
Normalfall nicht und wenn es sein muss, dann nur mit Uhrenöl
der Sorte 1 oder noch reibungsärmer mit Petroleum. Diese Art Ölung
muss aber immer wiederholt werden!
Was mich besonders vor allem auf youtube auf die Palme bringt,
ist der Versuch mit Modell-Stirlingmotoren zu zeigen, wie toll diese Motoren
Leistung abgeben. Da werden LED eingesetzt die bei 20 mA und 3 V
- zugegeben - sehr schön hell leuchten. Das sind gerade mal 60 mW
bei einer LED.
Bei einer "Batterie" von 10 LED nur 600 mW. Eine wahrlich beindruckende
Leistungsabgabe bei einem Einsatz von 10 W.
Da kann ich nur müde abwinken (siehe hierzu mein Experiment
" thermoakustischer Motor" als Freikolbenmotor).
Vergleich Gamma-Stirling zu Alpha-Stirling:
Bei meinen Experimenten mit dem beiden Stirlingtypen habe ich festgestellt,
dass es in Grunde genommen keinen "echten" Gamma-Stirling gibt. Dazu müsste
die Achse zum Verdränger unendlich dünn sein. Je größer
der Durchmesser der Achse ist, umso mehr wirkt diese auch als Kolben und
der Gamma-Stirling wird mehr und mehr zum Alpha-Stirling. Es ist mir z.B.
nicht gelungen den Opitec-Gamma-Stirling als Ringbom zu betreiben im Gegensatz
zum Gamma-Stirling von René Schaffer. Durch die dünne Achse
wird wohl nicht genügend Druck bzw. Unterdruck aufgebaut um den Verdränger
zu bewegen. Die Achse beim Schaffer-Stirling hat einen Durchmesser von
5mm und bei "meinem" Opitec nur 3mm, bedeutet, der Gamma-Stirling von Schaffer
arbeitet bereits als "Semi-Alpha-Stirling". Ich nehme an, dass es sich
auch mathematisch beweisen lässt, dass der Übergang vom Gamma-Stirling
zum Alpha-Stirling fliesend ist.
Tipps zum Bau
Stirlingmotor:
Es ist beim Bau von Modellheißluftmotoren unbedingt auf absolute
Reibungsarmut aller Bauteile zu achten und die bekomme ich nur, wenn ich
beim Bau präzise arbeite, besonders bei den Übertragungsteilen
wie Gestänge, Pleuel, Pleuelbefestigung, korrekter Sitz der Kugellager
etc.
Es gibt hierzu einen einfachen Test (ich gehe davon aus, dass der Kolben
den Zylinder luftdicht verschließt):
Wird das fertige Motörchen ohne Flamme mit kräftigem Schwung
"angeworfen", dann muss das Schwungrad noch etliche (wenigstens 5) Umdrehungen
weiterdrehen, bevor es stehen bleibt. Gibt es da nur 1 oder 2 Umdrehungen,
dann ist die Reibung zu hoch.
Eine weitere Fehlerquelle könnten auch defekte Kugellager sein.
Das habe ich schon mal bei 2 Motoren feststellen müssen. Einmal beim
thermoakustischen Motor mit senkrechtem Arbeitszylinder und beim
Gamma-Stirling mit Ross Yoke Steuerung. Da wollte der Motor auf einmal
nicht mehr richtig drehen. Es stellte sich heraus, dass eins der beiden
Schwungradkugellager trotz beidseitiger Kapselung durch Schmutz zuviel
Reibung hatte. Nach dem Austausch war die Welt wieder in Ordnung.
Flammenfresser:
Beim Nachbau des Flammenfressers hat sich der Graphitkolben (Bengs-Modellbau)
bewährt.
Die Frage ist nur welches Material nehme ich für den Zylinder,
Eisen, Messing oder Aluminium? Speziell beim Flammenfresser scheint Eisen
günstiger zu sein, da sich die Schwitzwasserbildung nicht so negativ
beim Anwerfen auswirkt. Der Motor springt sehr gut an, allerdings sollte
er gut warmlaufen, damit die Rostgefahr für den Zylinder verringert
wird.
Messing ist in dieser Hinsicht (rostfrei) besser, dafür braucht
der Motor viel länger bevor er sauber anläuft, vor allem wenn
die Lauffläche spiegelblank ist.
Die Materialpaarung Graphit/Aluminium soll angeblich nicht so gut sein,
dies konnte ich aber speziell beim Niedertemperaturstirlingmotor nicht
feststellen. Mag sein, dass diese Materialpaarung beim industriellem Einsatz
mit hoher Standfestigkeit nicht optimal ist.
Schlußbemerkung:
Wenn ein Stirlingmotor und auch ein Stirling-Modellmotor sehr reibungsarm
und mit großer Temperaturdifferenz betrieben wird, dann kann der
Motor ohne Last "durchgehen", d.h. die Drehzahl kann locker mehr als 3000
U/min erreichen. Dies konnte ich bei meinem Gamma-Stirling von René
Schaffer beobachten, bei dem ich alle Register für reibungsarmen Bau
gezogen habe und auch der Opitec Gamma-Stirling zeigt dieses Verhalten
(Video). Der Motor ist
ca. 2 Min. warmgelaufen. Man beachte die schlagartige Drehzahlzunahme von
1800 U/min auf über 2300 U/min im letzten Drittel des Filmes (am Laufgeräusch
zu erkennen). Dann habe ich abgebrochen, um den Motor nicht zu gefährden.
Ich muss aber betonen, dass es außerordentlich schwierig ist,
bei einem Heißluft/-Stirlingmodell mehr als 2000 U/Min mit einem
Spiritusbrenner zu erzielen. Geht auch nur, wenn die Reibung minimiert
wird und die beweglichen Teile so leicht wie möglich gemacht werden
und wenn es tatsächlich mehr als 2000 U/Min werden sollen, dann muss
schon ein Schweißbrenner herhalten. |