Niedertemperaturstirling/Handwärmestirling-Ringbom(03.2011)
Der Handwärmestirling unterscheidet sich vom klassischen Stirling
dadurch, dass er im Verhältnis zum Arbeitskolben einen viel größeren
Verdrängerkolben hat und dadurch erheblich mehr Luftvolumen umschaufeln
kann. Dies ist typisch für alle Niedertemperaturstirlingmotoren. Dies
kann man bis zum Extremen betreiben und Motoren bauen, die noch bei einer
Temperaturdifferenz von ca 0,8° Kelvin funktionieren. Dieter
Schager aus Offenbach (schager-hwm.de) ist so ein Spezialist für
absolute Niedertemperatur-Stirlingmotoren. Dies ist aber ein Gebiet, bei
dem der normale Modellbauer schnell an seine Grenzen stößt.
Die Webseite von Herr Schager gibt es nicht mehr.
Das ist einer seiner Niedertemperatur-Motoren, die er noch 2011 verkauft
hatte
Nun zum Bau des Handwärmestirling: ich bin nicht der Modellbauer
der ständig bauen muss und will, sondern der auch mal gerne auf
Fertigteile zurückgreift.
Da kam mir gerade recht, dass ich bei ebay einen Motor gesehen habe,
der von foosoo-trading für ca. 30-32 Euro incl. Versand angeboten
wird.
Original-Niedertemperatur-Stirling
Ich weiß, dass jetzt viele Modellbauer aufschreien werden:
wie kann man nur so etwas fertig kaufen. Trotzdem hat mir der Motor sofort
von der Art her gefallen --> scheinbar schickes Schwungrad und ganz wichtig
Arbeitskolben und Arbeitszylinder aus Glas. Ich wußte, dass ich für
30 Euro nicht allzuviel erwarten durfte, doch verglichen mit dem Karton-Stirling
für 25-50 Euro ist dies wahrlich ein Schnäppchen. Das Schwungrad
ist zwar nicht in Kugellager geführt, sondern ganz einfach in Spitzenlager,
aber das reicht, wie ich feststellen konnte, vollkommen aus. Gut gelöst
ist auch die Befestigung von Arbeitskolben und Verdrängerzylinder.
Die Pleuel für Kolben und Verdränger werden in die Kurbelwelle
eingeklippst, der Kolben wird mit einer Spreizfeder am Pleuel geklemmt.
Der Verdränger wird ebenfalls über die 2mm- Achse auch nur geklemmt.
Das Schwungrad meiner Lieferung war leider etwas eingedrückt, es ist
zwar aus Messing, aber nicht massiv, sondern irgendwie gepresst.
Ich habe kurzerhand das Schwungrad auf der Drehmaschine "glattgebügelt"
und auf "Nichteiern" ausgerichtet. Ebenso mußte ich den Arbeitszylinder
neu ausrichten, er war etwas schief eingeklebt.
Nach dem Zusammenbau und Justage des Motors konnte ich erfreut feststellen,
dass der Betrieb mit Handwärme mit viel Geduld möglich ist (Betonung
liegt auf viel Geduld).
Im Video
steht der Motor auf einem auf ca. 38 °C aufgeheiztem Eisenklotz.
An Verbesserungen habe ich die Durchführung zum Verdränger
aus einer 1ml Glasspritze angefertigt, super dicht und trotzdem reibungsarm.Den
Boden und Deckel des Motors (beide aus verchromten Blech) habe ich
neu aus 2mm Aluminium angefertigt..
verbesserte Ausführung
Als Fazit kann ich jedem Modellbauer, der wie ich, nicht alles selbst
machen will, diesen Motor empfehlen. Man kann den Motor durchaus durch
Eigenleistung noch mehr aufpäppeln. Die Grundzutaten hierfür
sind vorhanden.
Meine Hoffnung war, dass ich durch die Änderungen am Original
den Motor ihn mit einer kleineren Temperaturdifferenz betreiben könnte.
Doch da wurde ich enttäuscht. Konstruktionsbedingt braucht der Motor
eine Temperaturdifferenz von wenigstens 15°- 20° Kelvin.
Um hier eine Verbesserung zu erreichen, müßte der Motor
nach dem Ringbom-Prinzip umgebaut werden.
Nachdem der Motor nur mit "Hängen und Würgen" als Handwärmemotor
zu gebrauchen war, habe ich mich schneller als geplant dazu aufgerafft,
den Motor auf Ringbom-Steuerung umzubauen. Diese Änderungen sind nun
gegenüber den ersten Änderungen nicht mehr als einfach zu bezeichnen.
Umbau zum Ringbom-Stirling
Das Schwungrad ist doppelt kugelgelagert und auch im Pleuel kam ein
winziges Kugellager (1,5x4x1,2mm) zum Einsatz. Der Verdränger
hat keine Verbindung mehr zum Schwungrad! Durch eine Feder wird der
Verdränger in Neutrallage gehalten. Der Arbeitskolben steuert nun
durch Unter-bzw. Überdruck den Verdränger aus der Neutrallage
heraus, um so die Luft vom warmen in den kalten Bereich und umgekehrt zu
schaufeln.
Es bleibt festzuhalten, dass der Aufwand für den Umbau groß
war, doch er hat sich auf alle Fälle gelohnt, denn der Motor dreht
nun sicher ab einer Temperaturdifferenz von ca. 6° Kelvin, d.h. wenn
die untere Aluplatte einigermaßen Handtemperatur hat, dreht der Motor
mit ca. 60-80 U/min (Video).
Anmerkung:
Auch wenn der Umbau mit dem ursprünglichen Motor fast nichts mehr
gemeinsames hat, war der große Vorteil des Kaufmotors darin zu sehen,
dass die Abmessungen und Bohrungen sowie der Arbeitzylinder mit Pleuel
und das Schwungrad direkt übernommen werden konnten.
Niedertemperaturstirling
mit Ringbom-Magnetsteuerung (01.2013)
Man kann diesen Handwärmemotor auch so bauen, dass mittig der Arbeitskolben
angeordnet ist und am unteren Ende des Kolbens ist ein Magnet angebracht,
der den Verdränger (auch mit Magnet oder Eisen) im UT
anhebt und wenn der Kolben in Richtung OT geht, fällt der Verdränger
aufgrund der nachlassenden Magnetkraft wieder runter. Dies ist auch eine
Art Ringbom-Stirling, mit dem Unterschied, dass der Verdrängerkolben
nicht durch Über- bzw.Unterdruck in der Lage verändert wird,
sondern durch magnetische Kräfte.
Die Abstimmung der Magnetkräfte muss so erfolgen, dass in unteren
Totpunkt des Kolbens (UT) der Verdränger gerade angehoben wird
und im OT sicher abfällt
Prinzipskizze Niedertemperaturstirling mit Ringbom-Magnetsteuerung
Verschiedene chinesische Hersteller scheinen so einen Motor (ebay)
anzubieten. Diesen Motor kann man fast nicht mehr einfacher bauen.
Da ich es genauer wissen wollte, habe ich für 32 Euro so einen
Motor erworben und ich war echt beindruckt von der Qualität. Dieser
Motor kann locker mit ähnlichen deutschen Produkten mithalten. Und
wie ich es vermutet habe, ist der Motor wie die Skizze aufgebaut.
Dieser Motor kann im Gegensatz zu "normalen" Ringbom-Stirling nicht
von alleine anlaufen und zeigt auch nicht die anfänglichen typischen
Pendelbewegungen, da der Verdränger nicht durch Druckunterschiede
bewegt wird.
Der Motor läßt sich nach einiger Zeit auf der Hand sicher
starten und verblüfft mit zwei Geschwindigkeiten. Die höhere
Geschwindigkeit stellt sich nicht von alleine ein, sondern wird über
das Schwungrad hergestellt. Dieser Effekt ist darauf zurückzuführen,
dass sich der Verdränger lose im Verdrängerzylinder bewegt, d.h.
bei schneller bewegtem Kolben wird der Verdränger aufgrund der Trägheit
nicht mehr komplett vom Arbeiskolben angehoben, sondern macht aus der Mittellage
nur noch kleine Bewegungen mit ca. der vierfachen Geschwindigkeit.
Die Erhöhung der Geschwindigkeit hängt vom Gewicht des Verdrängers,
seiner Luftreibung, dem Kolbenhub und der Schwungradmasse ab.
Es ist auf jeden Fall ein Motor, den man selbst nicht viel besser
bauen kann, auch preislich nicht. Der gezeigte Motor wurde von mir hinsichtlich
des Schwungrades (es ist von der Carl Aero Gmbh) geändert. Im Video
sind die zwei Geschwindigkeiten gut zu erkennen. Der Motor ist sogar noch
besser als der Ringbom-Handwärmemotor mit Feder, da er nur noch
den Kolben als größeres reibendes Element hat. Bereits ab einer
Temperaturdifferenz von ca. 4° Kelvin dreht dieser Motor.
Niedertemperaturstirling mit Ringbom-Magnetsteuerung links Original,
rechts modifiziert
Ich habe diesen Motor nachgebaut. In den folgenden Bildern sind die
Einzelteile und der fertige Motor festgehalten.
Für den Nachbau ist zu beachten: die Länge des Pleuels
von Auge zu Auge muss experimentell ermittelt werden und zwar so, dass
im UT der Verdränger sicher angehoben wird. Als Anhaltspunkt möge
das Maß meines Pleuels dienen, nämlich Abstand Auge zu
Auge ca. 40 mm, jeweils Mitte gemessen.
Der Hub 10 mm ist bei Neodym-Magneten 5x5x1,2 mm (N45) richtig , da
der Verdränger wieder sicher abfällt. Auch hier muss experimentiert
werden, je nachdem wie schwer der Verdränger und die Haltekraft der
Magnete ist. Der Kolben muss sehr genau eingepasst werden. Wenn bei geschlossenem
System der Kolben in den Zylinder eingebracht wird, muss er beim Niederdrücken
wieder federnd hochspringen. Macht er das nicht, gibt es keine Chance den
Motor mit Handwärme zum Laufen zu bringen! |